Der Lac de Géronde, eine stille Perle eingebettet im Herzen von Siders, breitet sich wie ein funkelnder Spiegel inmitten sanfter Hügel und stolzer Weinberge aus. Auf einer Höhe von 523 Metern ruht er dort, als wolle er den Himmel umarmen und die tiefblaue Weite in seine stillen Wellen einfangen. Mit einer bescheidenen Fläche von 0,055 Quadratkilometern mag er klein erscheinen, doch seine Schönheit strahlt weit über seine Ufer hinaus.

Ein zarter Holzschnitzelweg umarmt den See, lädt dazu ein, den Rhythmus der Natur zu spüren, während man in gemächlichem Tempo das Wasser umrundet – eine Wanderung von kaum mehr als einer halben Stunde, die die Seele erfrischt. Die Brise trägt den Duft von Kiefern und den leichten Hauch von Trauben, die in der Nähe an den Reben reifen.

Am nordwestlichen Ufer, wo das Freibad «Bains de Géronde» liegt, begegnet das kühle Nass dem Sonnenlicht in spielerischen Reflexen, die zum Verweilen und Eintauchen einladen. Und wenn der See allein nicht genügt, gibt es unweit zwei kleine, geheimnisvolle Tümpel, die wie versteckte Edelsteine in der Landschaft schlummern – die "petit lacs", die, kaum berührt vom Lärm der Welt, mit dem Hauptsee im stillen Dialog zu stehen scheinen.

Der Mörder vom Pfynwald

Ein Bürger aus Niedergampel, dessen Frau schwer krank und dem Tode nahe im Bett lag, bestieg sein Pferd und ritt mit hastigen Schritten nach Siders. Dort lebte ein Wunderdoktor, dessen Heilmittel allein noch Hoffnung versprach. Doch die Zeit verstrich schneller als erhofft, und so trieb er sein Pferd an, um noch vor dem Einbruch der Dunkelheit durch den Pfynwald zu gelangen, jenem düsteren und weitläufigen Wald, in dem der Ruf eines gefürchteten Räubers wie ein bedrohliches Flüstern in den Ästen hing.

Während sein Pferd die Straße im Trab nahm, durchzuckte ihn die Erinnerung an das Ungeheuer, das einst ein unschuldiges Kind in die Irre geführt und mit grausamer List sein junges Leben ausgelöscht hatte. „Was ist schöner als der Tag?“ hatte der Mörder gefragt. „Der Mutter Blick“, antwortete das Kind. „Was ist edler als Gold?“ – „Der Mutter Herz.“ „Was ist süßer als Honig?“ – „Der Mutter Milch.“ „Was ist weicher als Flaum?“ – „Der Mutter Schoss.“ „Was ist stärker als der Tod?“ – „Der Mutter Liebe.“ Doch als die letzte Frage kam, „Was ist härter als der Stein?“, und das Kind mit bebender Stimme erwiderte: „Des Mörders Herz!“, schleuderte der Unhold das Knäblein so gewaltsam gegen den Felsen, dass dieser zerbrach. Noch heute nennt man ihn den Mörderstein.

Der Gampeler Bauer hatte den unheilvollen Stein bereits hinter sich gelassen und hoffte, den Rand des Waldes bald zu erreichen, als plötzlich eine finstere Gestalt auf die Straße sprang. Mit einem frechen Gruß hielt der Mann den Reiter an. Ein kalter Schauer lief dem Bauer über den Rücken, als er in dem wilden Kerl seinen alten Kameraden Peter erkannte, der nun als gefürchteter Mörder durch den Pfynwald streifte. „Mein Weib liegt schwer krank“, stammelte der Bauer, „und ich bringe ihr Heilmittel vom Doktor in Siders.“ Doch der Räuber lachte höhnisch und sprach: „Kennst du mich nicht mehr, alter Freund? Was sagt man in den Dörfern über mich?“ Der Bauer, in Furcht, aber ehrlich, antwortete: „Die Leute sagen, deine Tage seien gezählt. Man stellt dir nach, du bist vogelfrei, und wenn du nicht bald fliehst, wird man dich hängen.“ Das rauhe Gesicht des Mörders verzog sich zu einem finsteren Lächeln. „Du hast die Wahrheit gesagt, und dafür will ich dir dein Leben schenken. Komm mit mir, ich will dir zeigen, wie ein Mörder lebt!“

Widerwillig folgte der Bauer seinem einstigen Freund tiefer in den Wald. Bei einem dichten Dornbusch hielt Peter an und ließ den Mann absteigen. Sie krochen durch das dornige Dickicht, bis sich ein geheimer Gang auftat, der in eine geräumige Höhle führte. Peter zündete einen Kienspann an, dessen Licht die düsteren Ecken der Höhle erhellte. Die Wände waren mit gestohlenem Gut gesäumt: Ballen feinster Leinwand, Seidentücher in schillernden Farben, Fässer und Säcke, alles gestapelt wie die Beute eines skrupellosen Diebes. In einer Ecke lag ein Strohsack, darüber goldgestickte Decken – eine seltsame Mischung aus Prunk und Elend.

Peter bot dem Mann an, die Nacht in seiner Höhle zu verbringen, doch der Bauer lehnte ab und drängte, zu seiner kranken Frau zurückzukehren. „Dann nimm, was du tragen kannst!“, forderte der Räuber, doch der Bauer, der das Unheil spürte, erwiderte: „Ein andermal. Jetzt ist meine Familie wichtiger als all dein geraubtes Gut.“ Mit ernster Stimme warnte er den Räuber: „Flieh, Peter, bevor es zu spät ist. Hier wächst nur Galgenholz für dich!“ Der Räuber nickte ernst und ließ seinen alten Kameraden ziehen, doch mit einer letzten Warnung: „Reite langsam, solange du mich noch sehen kannst. Wenn du eilst, wird mich die Mordlust überkommen, und ich kann auch einen Freund nicht schonen.“

Der Bauer tat, wie ihm geheißen, und erst, als die düstere Gestalt des Mörders hinter ihm im Schatten des Waldes verschwand, gab er dem Pferd die Sporen und galoppierte in wilder Hast nach Hause. Als er schließlich, schweißgebadet und voller Erleichterung, sein Heim erreichte, stürmten die Kinder freudig auf ihn zu. Seine Frau, blass und schwach, fragte, warum er so spät käme. Der Bauer packte die Medizin aus und erzählte ihr von dem unheimlichen Abenteuer im Pfynwald. Sie erschrak über die Nähe des Todes, doch zugleich war sie voller Freude, dass ihr Mann unversehrt zurückgekehrt war. Schon nach wenigen Wochen erholte sie sich von ihrer Krankheit.

Einige Zeit später ging das Gerücht um, der Mörder sei aus dem Pfynwald verschwunden. Man munkelte, er treibe sich in den wilden Tälern des unteren Wallis herum. Später hieß es, man habe ihn gefasst und seiner Schandtaten wegen hingerichtet. Da erinnerte sich der Bauer an die Schätze, die in der Räuberhöhle verborgen lagen, und machte sich auf, sie zu bergen. Doch so sehr er suchte, der Eingang zur Höhle blieb ihm verborgen. Der Wald hatte sein Geheimnis tief in den Dornen versteckt, und niemand hat bis heute die verborgenen Reichtümer des Mörders wiedergefunden.

Zugang

Der See ist frei zugänglich.

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