Das Schloss Leuk, ein faszinierendes Zeugnis der Geschichte, hat seinen Ursprung vermutlich in einem frühromanischen Turm, der zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert erbaut wurde. Dieser Turm war ursprünglich mit einer Wohnung und einer Ringmauer verbunden. Die erste urkundliche Erwähnung der Meierwohnung datiert auf das Jahr 1254, was auf eine bedeutende Rolle in der regionalen Verwaltung hinweist.
Zerstörung und Wiederaufbau
Im Jahr 1415 wurde das Schloss zusammen mit dem Rathaus durch ein verheerendes Feuer zerstört. In den darauf folgenden Jahren erfuhr das Bauwerk zahlreiche Umbauten und Erweiterungen. Besonders hervorzuheben ist die Zeit unter Bischof Supersaxo, der 1475 den Turm restaurierte und das Schloss zur Sommerresidenz der Bischöfe umgestaltete. Diese Umgestaltungen trugen dazu bei, das Schloss in seiner heutigen Form zu etablieren.
Politische Bedeutung
Das Schloss Leuk spielte eine zentrale Rolle in der politischen Geschichte der Region. Im April 1507 wurde hier der Friedensvertrag zwischen dem Wallis und Savoyen unterzeichnet, ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der beiden Gebiete. Der Bischof von Sitten, der spätere Kardinal Matthäus Schiner, und der Herzog von Savoyen waren die Unterzeichner dieses bedeutenden Dokuments. Zudem hielt der Walliser Landrat regelmäßig Sitzungen im Schloss ab, was seine Bedeutung als politisches Zentrum weiter festigte.
Dunkle Kapitel
Im Jahr 1627 fand im Bischofsschloss der aufsehenerregende Prozess gegen den Ritter Anton Stockalper statt. Stockalper wurde hier gefoltert und schließlich vor dem Schloss hingerichtet. Auch die Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts hinterließen ihre Spuren im Schloss. Pfarrer Peter Kämpfen dokumentierte 1867 den Fall der 1678 hingerichteten Hexe Katharina Balin, was die düstere Geschichte des Ortes unterstreicht.
Architektonische Merkmale
Trotz der zahlreichen Umbauten sind einige originale Elemente des Schlosses bis heute erhalten geblieben. Die rundbogigen romanischen Fenster sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür. Eines der Fenster an der Südseite ist mit kleinen Säulen geschmückt, die dem Bauwerk einen besonderen Charme verleihen. Im östlichen Wohntrakt befindet sich ein großer Kamin mit einem Schornstein, der an der Außenmauer vorspringt.
Im Westen wird das Schloss durch Hofmauern mit Wehrgang und Schießscharten geschützt, die den Eingang zur Stadt sichern und eine Bastei bilden. Diese architektonischen Elemente zeugen von der militärischen Funktion des Schlosses in früheren Zeiten.
Aktuelle Bedeutung
Seit 1934 befindet sich das Bischofsschloss im Besitz der Gemeinde und steht unter Denkmalschutz. Es ist nicht nur ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes von Leuk, sondern auch ein Ort, der die Besucher in die reiche Geschichte der Region eintauchen lässt.
Das Schloss Leuk bleibt ein faszinierendes Ziel für Geschichtsinteressierte und bietet einen einzigartigen Einblick in die Vergangenheit der Walliser Region.
Das Bettelmädchen
Einst lebte ein Burgvogt, der einen innigen Wunsch hegte: Sein Sohn, ein junger Graf, solle heiraten, um das Burgvogtrecht in der Familie zu bewahren. Der Vater lud zu einem großen Festmahl ein und verkündete dabei, dass die Hochzeit seines Sohnes bevorstehe. Der Sohn, der seine Unabhängigkeit schätzte, erwiderte, er sei durchaus bereit zu heiraten, jedoch wolle er die Wahl selbst treffen, unabhängig davon, ob die Braut arm oder reich sei – Hauptsache, sie gefalle ihm.
Auf einem Spaziergang entdeckte der junge Graf ein Mädchen, das am Brunnen Wäsche wusch, und war sofort von ihr angetan. Wieder zurück auf der Burg ließ er ein prächtiges Kleid schneidern, passend für das Mädchen, dessen Größe er in Gedanken festgehalten hatte. Mit dem fertigen Kleid kehrte er in das Dorf zurück, suchte das Mädchen und ihre Mutter auf und hielt um ihre Hand an.
Die Mutter zeigte sich skeptisch: „Ihr seid ein Graf, und wir sind arm. Das ist gewiss nur ein Scherz.“ Doch der junge Mann betonte den Ernst seines Anliegens. Das Mädchen stimmte zu, unter der Bedingung, ihrem zukünftigen Gemahl in allem gehorsam zu sein. Die Hochzeit fand statt, und das einfache Mädchen passte sich schnell dem vornehmen Leben an.
Nach zwei Jahren schenkte die junge Gräfin einer Tochter das Leben. Doch der Graf, beeinflusst von den Stimmen des Volkes, forderte sie auf, das Kind fortzugeben, da es nicht den Erwartungen entsprach. Schweren Herzens gehorchte die Mutter. Zwei Jahre später wurde ein Sohn geboren, doch auch ihn nahm der Graf ihr aus denselben Gründen. Beide Kinder wurden an Verwandte übergeben, ohne dass die Mutter wusste, wohin.
Die größte Prüfung kam jedoch, als der Graf schließlich verlangte, dass seine Frau die Burg verlasse, damit er eine standesgemäße Verbindung eingehen könne. Gehorsam legte sie ihre edlen Kleider ab, zog ihre alten Bauernkleider an und kehrte in ihr Elternhaus zurück, getröstet nur von den Worten ihrer Mutter.
Zwei Jahre später ließ der Graf sie zurückholen – nicht als seine Frau, sondern als Dienerin. Sie sollte das Schloss für seine neue Hochzeit vorbereiten. Am Tag der Feierlichkeiten wurde sie aufgefordert, allein aufzuwarten. Neben dem Grafen saß eine junge Frau, die er als seine Braut präsentierte.
Als er seine ehemalige Frau fragte, wie sie die Braut fände, antwortete sie ruhig: „Sie gefällt mir gut. Ich hoffe, sie wird Euch immer gefallen und nie so hart behandelt werden wie ich.“
Ergriffen von ihren Worten, offenbarte der Graf die Wahrheit: Die vermeintliche Braut war ihre Tochter, der junge Mann neben ihr ihr Sohn. Mit dieser Enthüllung bat der Graf um Vergebung und nahm seine Frau wieder an seiner Seite auf.
Die Familie vereinte sich erneut, und das Schloss wurde ein Ort des Glücks und der Treue. Der Graf hielt sein Versprechen, bis der Tod sie trennte. Die Geschichte zeigt, dass Liebe, Vergebung und Ausdauer selbst die härtesten Prüfungen überstehen können.
Zugang
Der Schloss ist frei zugänglich.