Wie ein Wächter der Zeit thront das Schloss Tourbillon auf seinem majestätischen Hügel, hoch über der Stadt Sion, wie ein stummer Zeuge längst vergangener Tage. Eingebettet in das geschützte Naturgebiet scheint es, als würde der Wind, der über die zerklüfteten Mauern streicht, die uralten Geschichten der Ritter und Bischöfe flüstern, die einst in seinen steinernen Hallen wandelten.
Der mächtige Bau verdankt seine Entstehung dem Bischof Boniface de Challant, der aus den nebligen Tälern Savoyens herbeigerufen wurde, um hier, am Übergang des 13. zum 14. Jahrhundert, seine Residenz zu errichten. Mit jedem Stein, der gesetzt wurde, wuchs nicht nur das Schloss, sondern auch sein Ruf als uneinnehmbare Bastion, die den Himmel fast zu berühren schien. Gegenüber, auf dem Valeria-Hügel, ruht seine ewige Schwester, die Basilika, und gemeinsam bewachen sie das Tal, wie zwei alte Seelen, die sich stets im Blick haben.
Doch die Zeit ist unerbittlich, und im Jahr 1788 griff ein verheerendes Feuer um sich. Flammen leckten an den Mauern des Schlosses, züngelten gierig nach den alten Holzdecken, bis nur noch Ruinen übrigblieben. Ein Teil der Stadt Sion wurde ebenfalls Opfer dieses glühenden Zorns, und das stolze Schloss Tourbillon verfiel in eine tiefe Stille.
Doch nicht alles ging verloren. Inmitten der steinernen Überreste erhebt sich immer noch die Kapelle Saint-Georges und Saint-Grat, die mit ihren wundervollen Fresken Geschichten aus einer anderen Zeit erzählt. Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstand hier ein erster Gemäldezyklus, der in sanften Farben die Heiligen und Legenden zum Leben erweckte. Es war, als ob die Wände selbst das Heilige atmeten.
Im 15. Jahrhundert, als der unermüdliche Bischof Guillaume de Rarogne seine Visionen in die Mauern dieser Kapelle einbrachte, wurde ein weiterer Malzyklus geschaffen. Dieser hauchte den alten Steinen neues Leben ein, mit leuchtenden Farben und filigranen Figuren, die in der goldenen Dämmerung des Spätmittelalters tanzten. Noch heute scheint die Kapelle, eingehüllt in eine Aura des Geheimnisvollen, die Träume jener zu bewahren, die einst in den Schatten der Mauern lebten.
So steht das Schloss Tourbillon, ein Monument aus Zeit und Staub, als Symbol für die ewige Verbindung von Macht, Glauben und Vergänglichkeit. Es lädt jene, die den Hügel erklimmen, ein, den Puls der Geschichte zu spüren und sich von den Legenden tragen zu lassen, die in jeder Ecke, in jedem Windhauch noch leise widerhallen.
Geschichte
Um 1300 ließ Bischof Boniface de Challant das Schloss Tourbillon als Hauptwohnsitz errichten. Zwischen 1320 und 1340 wurde die Kapelle mit einem ersten Wandmalereizyklus geschmückt. 1373 erwarb Bischof Guichard Tavel den Turm La Majorie und machte ihn zum bischöflichen Machtzentrum, während Tourbillon seine defensive und symbolische Rolle behielt. 1417, während der Raron-Kriege, wurde das Schloss verwüstet. Mitte des 15. Jahrhunderts ließ Bischof Wilhelm von Raron das Schloss wieder aufbauen und einen neuen Gemäldezyklus für die Kapelle anfertigen.
1788 fiel das Schloss einem Großbrand zum Opfer und wurde nie wieder aufgebaut. Ende des 19. Jahrhunderts begannen erste Erhaltungsmaßnahmen der Ruinen. Zwischen 1965 und 1969 wurden die Wandmalereien restauriert, und von 1993 bis 1999 erfolgten weitere Stabilisierungsarbeiten am Mauerwerk. 1999 übergab das Bistum Sitten das Schloss einer Stiftung zur Erhaltung. 2022 wurde im westlichen Teil ein neuer Fußboden eingeweiht, der für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.
Mythen und Mysterien
Die Legenden um das Schloss Tourbillon sind von Geheimnissen, Machtkämpfen und mystischen Erzählungen durchwoben, die bis in die nebligen Täler des Wallis reichen. Hoch oben auf einem felsigen Hügel errichtet, wo einst neolithische Stämme lebten, erhebt sich Tourbillon wie eine trutzige Festung, die das Land bewacht. Es heißt, schon lange vor dem Bau des Schlosses durch den Bischof Boniface de Challant um 1300 soll dieser Ort als heiliges und strategisches Observatorium gedient haben, ein Ort, an dem die Sterne die Zukunft der Herrscher bestimmten.
Die Kapelle, mit ihren Fresken aus dem frühen 14. Jahrhundert, die den heiligen Georg zeigen, wie er einen furchterregenden Drachen vor den Augen einer gefangenen Prinzessin niederstreckt, birgt selbst dunkle Geheimnisse. Es wird gemunkelt, dass der Drache nicht nur eine Kreatur der Legenden ist, sondern in den Tiefen des Berges ruht, von alten Mächten gefesselt, bis er eines Tages erwachen soll. Manche glauben, dass der Drache den großen Brand von 1788 verursacht hat, der das Schloss und Teile der Stadt Sion vernichtete. In der Glut jener Nacht soll ein gewaltiger Schatten am Himmel aufgestiegen sein, als die Flammen Tourbillon verschlangen.
Doch das Schloss war nicht nur ein Ort der Magie, sondern auch ein Bollwerk in den endlosen Kämpfen des Mittelalters. Im 15. Jahrhundert, während der Raron-Kriege, wurde es von erbitterten Gegnern niedergebrannt und verwüstet. Es heißt, dass die Mauern von unsichtbaren Kriegern verteidigt wurden, die einst in Treue zu den Bischöfen standen und nun als Geister über das Schloss wachen. Selbst nachdem Guillaume von Raron es wieder aufgebaut hatte, blieben die Ruinen von Tourbillon ein Ort, an dem sich die Vergangenheit in flüsternden Stimmen manifestierte.
Als das Schloss nach Jahrhunderten der Vernachlässigung in die Hände der modernen Welt überging, versuchten die Bewohner von Sion, den verfallenen Ort wiederherzustellen. Doch so fest man auch die Mauern flickte, so sehr wuchsen die Mythen um diesen verwunschenen Platz. Es wird erzählt, dass in den Nächten, wenn der Mond hoch über dem Valais steht, ein altes, unheilvolles Leuchten aus den Ruinen strahlt – als würde der Geist von Tourbillon, der einst in Flammen unterging, nie wirklich zur Ruhe kommen.
Noch heute hallen die uralten Legenden durch die Risse der Mauern, und wer den Mut hat, die Stille des Ortes zu stören, kann vielleicht die vergessenen Krieger und den schlafenden Drachen in den Schatten erkennen.
Zugang
Die Ruine ist frei zugänglich. Parken kann man dazu im Parkhaus Sion Nord.