In dem mittelalterlichen Städtchen Stein am Rhein, das von vielen Besuchern oft übersehen wird, liegt am gegenüberliegenden Ufer des Rheins ein verborgenes Juwel: Die Kirche Burg, die älteste und urkundlich erste Kirche im Kanton Schaffhausen, thront auf einer Anhöhe und ist dem Evangelisten und Täufer Johannes gewidmet. Ihre Geschichte, sowohl rechtlich als auch baulich, ist reich an Wechseln und Komplikationen und sie liegt eingebettet in die Überreste des römischen Kastells Tasgetium, das im 3. Jahrhundert errichtet wurde.

Die Überreste der alten Mauern des Kastells zeugen noch heute davon, dass die heutige Kirche mitten in dessen Zentrum steht. Archäologische Ausgrabungen haben enthüllt, dass an diesem Ort, im einstigen spät-römischen Kastell Tasgetium, seit mehr als 1400 Jahren christliche Gottesdienste abgehalten werden.

Für den Besucher ist die Kirche Burg vor allem wegen ihrer beeindruckenden Wandmalereien im Chor eine Entdeckung von unschätzbarem Wert. Diese Kunstwerke strahlen in ihrer sakralen Würde und entführen den Betrachter in die Welt der christlichen Heilsgeschichte, des Alten und Neuen Testaments. Die Wandmalereien, datiert auf kurz vor 1420, erzählen in 30 Bildern auf drei Zyklen Szenen aus der Geschichte des Glaubens, angefangen bei der Schöpfungsgeschichte bis hin zu Ereignissen aus dem Leben Jesu.

Besonders bemerkenswert ist die Darstellung der Geburtsvision der schwedischen Prinzessin Birgitta an der linken Chorwand. Nach ihrer Heiligsprechung im Jahr 1415 in Konstanz wird in dieser Szene gezeigt, wie Birgitta, Mutter von acht Kindern, auf einer Pilgerreise nach Bethlehem die Geburt Jesu in einer Vision erlebte. Ihre Visionen wurden später in mehreren Büchern festgehalten und bis heute wird ihr Andenken in der Kirche Burg von Stein am Rhein verehrt.

Die Festung Tasgetium und ihre Geschichte

Kurz vor dem Jahr 300 n. Chr., als Reaktion auf die Bedrohung durch die Alamanneneinfälle, wurde das Kastell Tasgetium errichtet und bildete einen integralen Bestandteil eines ausgedehnten Verteidigungssystems entlang des Donau-Iller-Rhein-Limes. Gemäß einer gut erhaltenen Bauinschrift wurde die Festung während der Regentschaft von Kaiser Diokletian (284–305) erbaut. Diokletian regierte das Römische Reich gemeinsam mit Maximian in einer Doppelherrschaft und wurde ab 293 von zwei Unterkaisern unterstützt. Die Bauzeit des Kastells lässt sich daher zwischen den Jahren 293 und 305 n. Chr. datieren, wobei es wahrscheinlich unter der Führung von Constantius Chlorus, dem Unterkaiser für Gallien und die Rheingrenze, errichtet wurde.

Im Gegensatz zu früheren Kastellen, die nach einem simplen Schema entworfen waren, wurden in der Spätantike, etwa zwischen 284 und 568 n. Chr., wie auch bei Tasgetium, robuste Steinmauern mit herausragenden Türmen errichtet, um potenzielle Angreifer abzuwehren und unter Beschuss zu nehmen. Zusätzlich wurde der Innenraum verkleinert, um die Angriffsfläche zu reduzieren und die Verteidigung zu verbessern.

Heutzutage sind noch Mauerreste, insbesondere Teile der Süd- und Ostmauer, von diesem römischen Kastell erhalten, das heute das Zentrum der Johannes-Kirche bildet. Anhand der restaurierten Mauerfundamente, die neben der Kirche liegen, lässt sich der Grundriss der rautenförmigen Festung mit einer Seitenlänge von 88 × 91 Metern rekonstruieren. Die Festung war durch vier polygonale Ecktürme und zusätzliche Türme in drei Fronten geschützt, wobei das Haupttor im Süden von zwei Tortürmen flankiert wurde. Trotz ihrer vergleichsweise kleinen Fläche von etwa 7900 Quadratmetern galt das Kastell als eine robuste Verteidigungsanlage, selbst nach spätantiken Maßstäben.

Zugang

Das Kastell und die Kirche sind frei zugänglich.

 

Ähnliche Artikel